HAUTEN ... ohne Ende
nicole pruckermayr, 2023
Fotos 1, 2, 4, 5, 6:(C)Karin Petrowitsch
Foto 3:(C)Reza Kellner
Lectureperformance, Lecture: Latexabdruck und gesprochener Text als Wortgewand
nicole pruckermayr, Sonntag, 18. Juni 11Uhr 2023 im Schaumbad - Friees Atelierhaus Graz
Ich berühre dich (mich?), du berührst mich. Ich ziehe dir die Haut ab. Schinden als Erneuerung – eine Erleichterung, als Klärendes, vielleicht Heilendes. Wie viel Haut habe ich eigentlich?
Inspiriert von Xipe Totec dem Vegetationsgott der Azteken. Jedes Frühjahr wurde ihm zu Ehren ein Fest gefeiert, welches mit Menschenopfern verbunden war. Als Symbol für den Kreislauf von Leben und Sterben in der Natur opferte man einen Kriegsgefangenen. Die Opfer wurden gehäutet, die Haut umgedreht und dem Priester angezogen, bis sich die Haut des Opfers auflöste, verrottete. Das Vorgehen ist/war gewaltsam und brutal. Xipe Totec brachte dem jeweiligen Opferpriester immer wieder Erneuerung/Verjüngung. Faszinierend ist dabei der Glaube an die Wirkung der Haut als Überbringerin einerseits für neues Leben, andererseits aber auch für die Eigenschaften der getöteten Person. Die Haut und zwar nur eine dünne oberflächliche Schicht, erhält die Macht die Identität einer Person nicht nur während des Lebens zu bestimmen, sondern diese Identität auch über ihren Tod hinweg weiter zu tragen. Die Haut ist nicht erst seit den westlichen Erkenntnissen der Psychoanalyse identitätsstiftend, gibt dem Ich eine Form und gleichzeitig auch Halt.